Termin-Buchung

Er ist bekannt für seine markigen Sprüche und den Schimpansen als Werbefigur – Wolfgang Grupp, seines Zeichens Chef von Trigema, hat sich sehr hart gegenüber dem Sinn und Zweck von Homeoffice geäußert.

Im Tagesspiegel-Interview behauptet er, dass „wenn einer zu Hause arbeiten kann“ sei er unwichtig fürs Unternehmen. Und weiter: „Je mehr die Leute studiert haben, desto mehr Homeoffice wollen sie – aber bei mir könnten sie sich dann auch gleich arbeitslos melden, weil sowieso keiner merkt, ob sie arbeiten oder nicht.“

Was der 81jährige Industriekapitän damit äußert, sind verschiedene Aspekte und Sichtweisen. Es wäre dabei zu einfach, diese Einschätzung auf seine konservative Sicht auf die aktuelle Arbeitswelt zu reduzieren. Der Kontrollverlust des Managements im Homeoffice ist eine nicht zu negierende Tatsache. Wer seinen Mitarbeitern keine selbständige Organisation und Arbeitsethik zubilligt, braucht eine direkte und klare Aufsicht. Ob dabei das eigene Beispiel von Grupp, dass er jeden Tag im Betrieb sei und jeder Verantwortliche immer eine schnelle Entscheidung oder Information bekommt, als Begründung für diese Art der Führung taugt, ist fraglich.

Kontrollverlust vs. moderne Arbeitsabläufe

Denn natürlich stellt sich die Frage, wie bei einer Anwesenheitspflicht im Büro die „Kontrolle“ der Arbeitsmoral durchgeführt wird. Eine Antwort darauf ist sehr schwierig zu geben. Es gibt technische Methoden, die Effektivität von Arbeitenden zu ermitteln – deren Einsatz erscheint aber so komplex, dass es eher auf die Führungskultur der jeweiligen Vorgesetzten ankommt. Hier spielen dann Projektabläufe, Agilität und notwendige Kreativität in der Umsetzung eine sehr entscheidende Rolle.

Homeoffice per se zu verteufeln, mag für einen Textilbetrieb möglicherweise noch eine gewisse Sinnhaftigkeit haben, bei anderen Industriezweigen wie Medien, Werbung oder Finanzdienstleistern wird dies eher nicht haltbar sein. Je variabler die Ansätze für die Lösungen von Aufgaben im Unternehmen, desto mehr Flexibilität braucht auch die Arbeitsorganisation. Teams, Gruppen oder Task Forces sprießen allenthalben aus dem Boden.

Die Unternehmensentwicklung schreitet auf diesen Gebieten sehr schnell voran. Die „Hardware“ bleibt eher deutlich hinten dran und das Büro ist so ziemlich die letzte Stellschraube für eine Modernisierung innerhalb einer Firma – zu Unrecht!

Eine Firma sieht ihr Kapital sehr häufig (völlig berechtig) in seinen Mitarbeitern. Das Halten von guten Leuten ist dabei genauso wichtig wie die Akquirierung von neuen Spitzenkräften. Remote Arbeitsabläufe, bestenfalls hybrid in Büro oder von daheim, gehören da zu den fast schon „normalen“ Ansprüchen der eigenen Mitarbeiter.

Versteht das Unternehmen nun das Büro nicht mehr als reinen Ort der Leistungserbringung, sondern eher als Ort der Leistungserstellung wird deutlich, dass es mehr braucht als einen Schreibtisch, einen Stuhl, einen Computer und ein Whiteboard für fünf Leute. Gespräche, Gedankenaustausch und Diskussion entscheiden über die Qualität der Leistung. Das Büro wird zum Kreativitätsmotor, das Homeoffice zum Zentrum für singuläre Projektaufgaben-Erfüllung.

Klingt das alles ein wenig zu „Rosa-Gute-Laune“ Umfeld? Nein, nicht wirklich, denn die Erfassung von effizienter Tätigkeit ist an jedem Platz – egal ob daheim oder im Büro – nur sehr schwer möglich. Wer Homeoffice zulässt, gibt zweierlei Informationen an seine Belegschaft. Einerseits gibt das Unternehmen einen Vertrauensbonus und dadurch eine gewisse Wertschätzung an die eigenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Andererseits braucht es schlicht sowohl die passenden Kommunikations- als auch Arbeitskanäle und -abläufe, um die gestellten Arbeitsziele zu erreichen. Und da nimmt auch der Ankerpunkt Büro als „Hafen“ für das persönliche Gespräch einen wichtigen, wenn nicht sogar entscheidenden Raum ein.